Grenzvermessung in Oberdollendorf Anno 1754 durch den Feldmesser M-Ehrmans

In unserem Museumsshop zeigen wir ein vergößertes historisches Dokument.
Es zeigt eine Karte von Oberdollendorf aus dem Jahre 1754 mit der Beschreibung einer Grenzbegehung durch den Bergischen und Kölnischen Feldmesser
M-Ehrmans.

Diesen Text hat unser 2. Vorsitzender Gerhard Fiehberg wörtlich Zeile für Zeile abgeschrieben:

 

 Anno 1754 de 22ten January „Hab auff befehl Eines Hochadlich „freywelt

lichen Stiffts – Vylich den Zu oberdollendorff vorhandenen District „

„Nemblich was in den vorgeblichen faldor Stöcken Solle Begriffen „ wie

imgleichen der So genanter Sültzen = Hauß und Streithiger Weingarts

berg „ welcher nach Vorgeben der Abtey Heisterbach „ auch Zwischen den

vorgenanten faldor Stöcken Solle Gelegen seyn „nach Geometrischem grund

Gantz unpartheyisch verzeichnen , und wie Erförderlich beschreiben Sollen

„ Herzu dan unter dem Dorff beym Newen Eimer Genant „ an dem garten

Litera „A“ den ahnfang Genohmen „ und folgents ümb die Gartens „ wie

vorgezeichneter weg Krum untrechts hergehet „ bis an die so Genante proff

Litera „B“ bei der Claußen Genant „ dan bis auff den weg Litera C“ al????

es vorhero am Meysenbaum genant „ forth diesem wege nach ahn das feltbachs

Stegh „ Lit „D“ und dan dem Ingels fußweg nach ahn den Stein Litera E „ von

diesem Stein an die Häuser Litera „F“ „ wohe Selbst dem vorgeben nach ein

faldor Stock solle Gestanden Haben „ dan über dahige Baumgarten bis lit

„G“ auff den Sogenanten Hupperigs Rhein „ folgents diesem Rhein nach

durch die Weingarten oben auff den Berg in die Hülle Genant ahn Lit

„H“ von dannen langs den Sültzer Weingartsberg Herunter „ wie die figur

ahnzieget „ über den baumgart „ durch das Gäßgen „ und über die Straß

auff die pastorath „ Litera „I“ an das alte Scheidt

und wie von alters der So Genante Grosmans Rhein

ein Scheit der daheselbst Streitiger Sülzer weingarten

„ und der in die faldorstöck „ Gehören woll en der Wint-

terhelten Solle Geweßen Sein „ So hab über ersagten

Rhein die Linie in Litera „K“ wider den busch ge-

zogen „ folgens langs und durch den Busch bis auff

die Sogenante Steinrütsch Litera „L“ fort diesen weg

Herab bis an den Müllenweg Lit „M“ dan diesen weg nach

unter die öberste Mülle Litera „N“ fort bis auf den Heister-

bacher Weg Lit „O“ folgens diesen Weg herab „ an den Büch-

els Weg „ Litera „P“ diesem wege dan nach bis an die Engels

Genant Litera „Q“ dan bis Litera „R“ und den Engels Weg herab bis auff den Rottseiffer Weg Lit „S“

dan diesen Weg herauff bis Lit „T“ auf die Kumbig „ folgens den plentzer herab bis auf den Königswinter Weg

und Dahigen faldor post Lit „V“dan langs die Stümp bis auf den Sperrbaum Litera „W“ & „X“ folgens

den Sperrbaums Weg Herab bis an den Newen Eimer Lit „Y“ und dan bis auff den weg „ alwoher der Anfang ge-

macht „ im Newen Eimer Genant litera „Z“ alls nach Geometrischer art Delinyret und Beschrieben und

was zwischen diesen Linien begriffen „Solle heischen „ „was zwischen den faldor Stöcken solle Gelegen sein„ „ Lit „bb“ & „cc“ Ziegen ahn 2 Stücklein Lant So Zur Sultz Gebrauchet werden und gleichs

Anderen Zehentbahr seint „ „ Dan thue hiemit über diese Lage „ und des Rißes Richtigkeit

attestiren „ Sigl uti Sugraf: M„ Ehrmans „ Bergisch und Collnischer feltmeßer (Signatur)

Unser Ehrenmitglied Ernst Thiebes (ehem. öffendl. best. Vermessungsingenieur) hat uns diesen Text in die heutige Sprache übersetzt und zum besseren Verständnis mit Kommentaren versehen:

1754 hat der Bergische und Kölnische Feldmesser „M. Ehrmans“ in Oberdollendorf auf Veranlassung des Stiftes Vilich eine Vermessung durchgeführt. Der Grund hierfür war wohl eine unterschiedliche Auffassung der Abtei Heisterbach und des Stiftes Vilich über die Zehntpflicht des Gutes Sülz. Das Stift Vilich bezog auf Grund seines uralten Pfarrrechtes den Zehnten von allen Erzeugnissen. Dieses Recht blieb in gewissen Bereichen bis zur Aufhebung des Stiftes im Jahre 1803 erhalten
(F. Schmitz, „ Mark Dollendorf “,Seite 77).

Frei von der Pflicht zur Abgabe des Zehnten war in Oberdollendorf ein bestimmter Bereich, und zwar der Distrikt zwischen den Falltor-Schlagbäumen. Die beiden Schlagbäume standen in der Falltorstraße und in der früheren Königswinterer Straße, die heute Bergstraße heißt. Der Schlagbaum in der Bergstraße stand 1754 noch, während es beim Falltor-Schlagbaum heißt: „ wo nach dem Vorgeben ein Schlagbaum gestanden haben soll.“

Da es 1754 noch keine zusammenhängende und maßstabstreue Karte der Gemarkung und Kennzeichnung eines Flurstückes durch Ziffern gab, (die Urmessung fand erst 1825 statt) mußte der Feldmesser die Festlegungen des „Distriktes zwischen den Falltor-Schlagbäumen“ zunächst in die Örtlichkeit übertragen und das Ergebnis in einer Beschreibung und einer Skizze (Riß) festhalten.
Es heißt:

Anno 1754 am 22. Januar „ habe ich auf Befehl eines hochadeligen, freiweltlichen Stiftes Vilich den zu Oberdollendorf vorhandenen Distrikt, nämlich was innerhalb der angeblichen Falltor-Schlagbäume eingeschlossen ist, desgleichen die sogenannte Sülz, und zwar das Haus und den streitigen Weinberg, die nach Angaben der Abtei Heisterbach auch zwischen den vorgenannten Falltor-Schlagbäumen liegen soll, nach geometrischen Grundsätzen ganz unparteiisch aufzeichnen und wie erforderlich beschreiben sollen.“

Dazu habe ich dann unterhalb des Dorfes, wo es zum „Neuen Eimer“ (Gewannenname) heißt, an dem Garten, Buchstabe A, den Anfang genommen (Der Punkt A liegt da, wo der Fußweg neben dem Grundstück der Familie Prinz und der Buchhandlung Alfen auf die Heisterbacher Straße stößt.). Dann bin ich an den Gärten vorbei dem aufgezeichneten Weg, der krumm und rechtwinklig verläuft, bis zur sogenannten „in der Proffen“ (Gewannename) gefolgt, Buchstabe B (Dieser Punkt B liegt da , wo heute noch ein Fußweg von dem kurzen Straßenstück „An der Lohmühle“, parallel zur Cäsariusstraße, zur Bachstraße führt.), wo es bei der Klausen heißt (Klause ist der Verschluss zum Absperren eines Ablaufes am Mühlenteich. Wahrscheinlich verlief hier schon der Umbach, der von der Bachstraße kommend, später einmal die Ölmühle an der Heisterbacher Straße betrieb.). Dann ging es bis auf den Weg Buchstabe C (heute untere Bachstraße), wo es vorher „Am Meisenbaum“ hieß (untergegangener Gewannenname, heute heißt die Gewanne „An der Feldbach“). Ich bin diesem Weg weiter gefolgt bis dort, wo ein Steg über den Feldbach führt, Buchstabe D (heute Kreuzung Cäsariusstaße/Bachstraße), und dann dem Ingelsfußweg nach bis an den Stein Buchstabe E (die Strecke D-E fällt in die heutige Cäsariusstraße). Von diesem Stein an die Häuser Buchstabe F, wo nach Behauptungen ein Falltor-Schlagbaum gestanden haben soll (der genaue Standort dieses Schlagbaumes läßt sich nicht festlegen, weil die Skizze kein maßstabstreuer Plan ist. Der Darstellung nach stand das Falltor am Ende der Falltorstraße oder am Anfang der Oberkasseler Straße.). Dann ging es über den dortigen Baumgarten bis zum Buchstaben G auf dem sogenannten Hupperichs Rain (Der Rain liegt zwischen den Gewannen „Auf dem Hupperich“ und „Auf dem Jungfernberg“). Diesem Rain bin ich nachgefolgt durch die Weingärten bis oben auf den Berg, in die Hülle genannt, Buchstabe H (Nach der Darstellung muss H auf dem alten Hohlweg, der zur Hülle führte, gelegen haben.).Von dort bin ichentlang des Sülzer Weingartberges herunter gegangen, wie es die Zeichnung anzeigt über den Baumgarten, durch das Gäßchen und über die Straße (gemeint ist die Bachstraße) zur Pastorath, Buchstabe I, an die alte Scheid (= Grenze, Scheide), und den von altersher so genannten Großmanns Rain, eine Scheid, die dortselbst den streitigen Sülzer Weinberg und den Distrikt zwischen den Falltor-Schlagbäumen trennt, zu dem wohl der Weingarten „Auf der Winterhelten“  (Gewannenname) gehört. So habe ich über den besagtenRain die Linie zum Buchstaben K bis zum Wald gezogen und dann am Rand entlang und durch den Wald bis zur sogenannten Steinrütsche („Auf der Steinrütschen“ ist ein Gewannenname), Buchstabe L. Diesem Weg herab bin ich gefolgt bis zum Mühlenweg (heute Mühlental), Buchstabe M, dann diesem Weg nach bis zur Obersten Mühle, Buchstabe N, weiter bis auf den Heisterbacher Weg, Buchstabe O (Der Ausbau der Heisterbacher Straße in der heutigen Trassenführung erfolgte erst etwa 1850.). Diesem Weg bin ich herab gefolgt bis an den Büchelsweg (gemeint ist hier die heutige Straße „Auf dem Schnitzenbusch“), Buchstabe P, diesem Weg nach bis an die Engels, genannt Buchstabe Q, dann bis zum Buchstaben R und den Engelsweg herab bis auf den Rothsiefer Weg, Buchstabe S (Dieser Weg ist die heutige Marienstraße), dann diesen Weg herauf bis Buchstabe T, auf die Kumbig (Gewannenname, Kumbig ist der Kümbach, der zum großen Teil verrohrt entlang der Marienstraße fließt.). Dann bin ich dem Plentzer (Gewannenname „In der Plens“) herab gefolgt bis auf den Königswinterer Weg (heute Bergstraße) und dem dortigen Falltor, Buchstabe V (Dieses Falltor muss also 1754 noch gestanden haben, bei der Urmessung 1825 war es nicht mehr vorhanden.), dann entlang „Auf den Stümpen“ (Gewannenname) bis auf den Sperrbaum (Gewannenname), Buchstabe W und X. Danach folgte ich dem Sperrbaumsweg bis an den „Neuen Eimer“,  Buchstabe Y und dann bis auf den Weg, wo ich den Anfang gemacht habe und wo es „Im Neuen Eimer“ heißt, Buchstabe Z.

Alles habe ich auf geometrische Art gezeichnet und beschrieben.

Was von diesen Linien umfaßt wird, soll heißen: „Was zwischen den Falltor-Schlagbäumen soll gelegen sein“.

Die Buchstaben bb und cc zeigen zwei Stücke Land, die von der Sülz genutzt werden, und gleich anderen zehntpflichtigsind.

Dann bescheinige ich hiermit die Richtigkeit der Darstellung der Lage und des Risses.

Gesiegelt und unterschrieben

M-Ehrmans Bergisch und Kölnischer Feldmesser                   Unterschrift

Der Feldmesser kommt also durch seine Vermessung zu dem Ergebnis, dass das Gut Sülz und der streitige Weinberg außerhalb des untersuchten Distriktes liegen und die Abtei Heisterbach damit gegenüber dem Stift Vilich für diesen Grundbesitz zehntpflichtig ist.

Die im Text beschriebenen Koordinaten hat unser Schriftführer  Karl-Josef Thiebes in ein Dateiformat übertragen, das mit GOOGLE-Earth dargestellt werden kann.

Auf dem Bild sehen Sie die Grenzen von 1754 in der heutigen Umgebung.

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