General-Anzeiger vom 23. November 2004

Rott ist Wissenschaftlern weltweit ein Begriff

FOSSILIEN

Der Faulschlamm eines Sees konserviert Pflanzen und Tiere
Die erste Versteinerung wurde 1789 entdeckt
Das Brückenhofmuseum zeigt ab morgen ausgewählte Funde

Von Stefan Strötgen

RHEIN-SIEG-KREIS. „Schätze rund ums Siebengebirge, Fossilien - Gesteine - Mineralien" sind ab morgen im Brückenhofmuseum in Oberdollendorf zu sehen. Ein besonderes Highlight werden dabei ausgewählte Funde aus der Fossillagerstätte Rott sein. Der Name des Ortes südwestlich von Hennef ist Paläontologen weltweit ein Begriff. Als solche werden nur Fundorte bezeichnet, wo entweder besonders viele oder außergewöhnlich gut erhaltene Versteinerungen gefunden werden. In Rott ist beides der Fall.

Fossiler FundVerantwortlich dafür war ein See, der sich dort vor 25 Millionen Jahren befand. Auf seinem Grund lag sauerstoffarmer Faulschlamm, der organisches Material, das nach unten gesunken war, konservierte. Dieser Schlamm und die darin eingeschlossenen Objekte verwandelten sich im Llaufe der Zeit zu Blätterkohle, die sich heute in 20 bis 30 Meter Tiefe befindet. Da seit Mitte des 18. Jahrhunderts in der Gegend um Rott intensiver Kohlebergbau betrieben wurde, war es bloß eine Frage der Zeit, bis die ersten Fossilfunde gemacht wurden. 1789 wurden die Versteinerungen erstmals erwähnt und in der Folgezeit gezielt nach ihnen gesucht. Als besonders ergiebig stellten sich dabei mehrere Gruben zwischen Rott und Geistingen heraus, deren Schutthalden noch heute erhalten sind und als Landschaftsdenkmäler inzwischen unter Schutz stehen.

Etwa um 1860 wurde der Bergbau schließlich eingestellt und damit ging natürlich auch die Zahl der Funde drastisch zurück. Dennoch beschäftigen sie bis heute Wissenschaftler in aller Welt: Professor Wighart von Koenigswald vom paläontologischen Institut der Universität Bonn sieht die besondere Bedeutung der Fundstelle darin, „dass hier ein vorzüglicher Einblick in den Lebensraum eines Sees im Ober-Oligozän gegeben wird“. Die Tatsache, dass sowohl tierische als auch pflanzliche Fossilien gefunden wurden, ist für den Wissenschaftler „besonders erfreulich". Aus Erhaltungsgründen werden sonst nämlich meist entweder nur Tiere oder nur Pflanzen entdeckt. Daher können die Rotter Fossilien „wichtige Anhaltspunkte für die Altersfeststellung anderer Fundplätze" liefern.

LagerstätteWie sah der Lebensraum damals aber nun aus? Ein Spaziergänger hätte sich zu dieser Zeit durch dichten Wald aus Birken, Buchen und Ulmen, aber auch Palmenund Zypressen kämpfen müssen. Leises Summen von Bienen und anderen Insekten wäre wie heute zu hören gewesen. Allerdings hätte er darauf achten müssen, kein Nashorn beim Fressen zu stören und den Krokodilen am Seeufer auszuweichen. Kreuzende Dinosaurier hätten dagegen kein Problem dargestellt - sie waren bereits 40 Millionen Jahre zuvor ausgestorben. Aus den gefundenen Arten folgerten die Wissenschaftler, dass ein wesentlich wärmeres und feuchteres Klima geherrscht haben muss. Viele der Pflanzen und Tiere hätten sonst nicht überleben können. Vergleiche werden zu Teneriffa und den Everglades in Florida gezogen.

Die Rotter Fossilien können außerhalb der Ausstellung auch im Siegburger Stadtmuseum und im Goldfuß-Museum des Instituts für Paläontologie der Universität Bonn besichtigt werden. Letzteres hat erst vor kurzem 2500 Rotter Pflanzenfossilien vom Los Angeles County Museum of Natural History erhalten und damit seine Ausstellung erweitert.
 

Rotter Fossilien
 

FossilieDie Fossillagerstätte Rott ist eine der bedeutendsten  Tertiärfundstellen in Deutschland. Sie wird seit 180 Jahren von Bonner Forschern untersucht. Die internationale Bedeutung dieser Stelle liegt in ihrer ungeheuren Vielfalt an fossilen Pflanzen, Insekten und Säugetieren. Das Bonner Goldfuß-Museum besitzt heute die größte Sarnmlung aus Rott.

Die Ablagerungen entstanden vor 25 Millionen Jahren in der Oligozän-Zeit in einem See am Rand des Ur-Siebengebirges. Die Funde kamen vor allem im 19. Jahrhundert durch den umfangreichen Bergbau ans Tageslicht, aber auch bis in jünste Zeit wurden auf den inzwischen geschützten Halden zahlreiche fossile Insekten gesammelt. Die Bedeutung dieser Funde wurde auch in den USA erkannt, und so kaufte 1954 eines der größten amerikanischen Naturkundemuseen, das Los Angeles County Museum of Natural History, eine Sammlung mit ungefähr 6500 Rotter Fossilien, die der Kölner Lehrer Georg Statz vor dem Zweiten Weltkrieg zusammen getragen hatte. Darunter waren auch die 2500 fossilen Pflanzen, die jüngst wieder in Bonn eingetroffen sind. Die Sammlung enthält Stücke wie beispielsweise fossile Ahorn- oder Eichenblätter und ein fast vollständig erhaltenes fossiles Seerosenblatt.